Schilddrüsenoperation

Synonyme: Totalextirpation, Thyreoidektomie, Strumektomie, Strumaresektion

Allgemeines und Historie

Die Erstbeschreibung einer Schilddrüsenoperation erfolgte 1791 durch den französischen Chirurgen Desault, der eine Strumaresektion durchführte. Die Strumaresektion als Totalthyreoidektomie wurde 1876 durch den Schweizer Chirurgen Emil Theodor Kocher vorgenommen und 1878 unter dem Titel "Extirpation einer Struma retrooesophagea" veröffentlicht. Wesentliche Verbesserungen der Operationstechnik mit einer erheblichen Reduzierung der Sterblichkeit durch die Totalthyreoidektomie gehen auf ihn zurück. Kocher erhielt 1909 den Nobelpreis. Heutzutage vielleicht kurios anmutend, aber bis in die sechziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts durchaus üblich, war eine Operation ohne Vollnarkose, bei der der Patient während der Operation singen und sprechen sollte, damit der operierende Arzt die Stimmbandfunktion beurteilen konnte.

Indikationen für eine Schilddrüsenoperation

Solitärknoten (einzelner Knoten) der Schilddrüse mit

  • Malignitätsverdacht bzw. zum Malignitätsausschluss
  • fokaler Autonomie
  • Zysten, wenn ein konservatives Vorgehen nicht erfolgreich war und Lokalbeschwerden oder ein Malignitätsverdacht bestehen

Knotenstruma, Struma nodosa mit

  • Malignitätsverdacht bzw. zum Malignitätsausschluss
  • lokalen Beschwerden
  • latenter bzw. manifester Hyperthyreose
  • ausgedehnter retrosternaler Struma oder ektoper/dystopen Lage

Immunogene Hyperthyreose vom Typ Basedow

Jodinduzierte Hyperthyreose und thyreotoxische Krisen

Chronische Immunthyreoiditis vom Typ Hashimoto

  • bei Malignitätsverdacht oder bei anhaltenden lokalen Beschwerden

Rezidivstruma (unter Inkaufnahme eines erhöhten Komplikationsrisikos) mit

  • Malignitätsverdacht bzw. zum Malignitätsausschluss
  • lokalen Beschwerden
  • latenter bzw. manifester Hyperthyreose
  • ausgedehnter retrosternaler Struma oder ektoper/dystopen Lage

Operationsstrategien

Grundsätzlich stehen folgende verschiedene Vorgehensweisen bei der Chirurgie der Schilddrüse zur Verfügung:

  • Die Enukleation eines Knotens: Ausschälung eines Knotens entlang seiner Kapsel
  • Die subtotale Resektion des betroffenen Schilddrüsenlappens: Teilentfernung eines Schilddrüsenlappens mit einem Parenchymrest von 1 bis 4 ml
  • Strumektomie (teilweise Entfernung der Schilddrüse beidseits, Schilddrüsenverkleinerung)
  • Die Hemithyreoidektomie/ Lappenresektion: vollständige Entfernung eines Schilddrüsenlappens inklusive des Schilddrüsenisthmus und Lobus pyramidalis
  • Die Totalthyreoidektomie

Bis vor einigen Jahren stand die sogenannte funktionskritische Operation im Vordergrund des Bemühens der Schilddrüsenchirurgen. Die Philosophie war dabei, möglichst viel funktionsfähiges Schilddrüsengewebe zu erhalten, um dem Patienten später eine Schilddrüsenhormonsubstitution zu ersparen. Allerdings zeigte sich recht bald, dass nach einer Schilddrüsenoperation und ohne Medikation bei Euthyreose (Normalfunktion) postoperativ bereits nach relativ kurzer Zeit wieder neue Knoten der Schilddrüse auftraten. Von einer Rezidivrate von bis zu 80 % ist bei diesem Vorgehen auszugehen. Daher bestand alsbald die Empfehlung, nach einer Schilddrüsenoperation eine Rezidivprophylaxe mittels Schilddrüsenhormon oder Jod respektive der Kombination von Schilddrüsenhormon und Jod durchzuführen. Aber auch hierunter zeigte sich - wenngleich eine niedrigere - so doch eine erhebliche Rezidivrate. Daraus resultiert die Überlegung, dass nach einer Operation eine Schilddrüsenmedikation grundsätzlich als Rezidivprophylaxe zu empfehlen ist. Daher kann auch von vornherein ein radikales Vorgehen gewählt werden, da ohnehin eine Schilddrüsenhormonmedikation erforderlich ist mit einem nun deutlich reduzierten Risiko für ein Rezidiv.

Hintergrund dieser Anpassung des chirurgischen Vorgehens ist, dass in der Regel nicht der einzelne Knoten das eigentliche Problem darstellt (außer beim Vorliegen eines Schilddrüsenkarzinoms), sondern vielmehr liegt eine krankhaft veränderte Schilddrüse vor, die zur Knotenbildung neigt. Dies bedeutet, dass bei nennenswerten verbliebenen Schilddrüsenresten immer ein gewisses Risiko für erneute Knotenbildung besteht. Auch wenn in der präoperativen Diagnostik nur einzelne Knoten nachgewiesen wurden, kann davon ausgegangen werden, dass bereits mikroskopisch kleine Veränderungen im übrigen Schilddrüsengewebe vorliegen, die Ausgang einer neuen Knotenbildung sein können.

Daher hat sich in den letzten Jahren ein zunehmend radikales Vorgehen bei der Schilddrüsenoperation entwickelt.

Diskussionspunkt der letzten Jahre ist lediglich, ob bei einer Operation beider Schilddrüsenlappen eine total Thyreoidektomie beidseits erfolgen sollte oder ein sogenanntes Vorgehen nach Dunhill (Operation nach Hartley-Dunhill), das einer Hemithyreoidektomie mit kontralateral subtotaler Resektion und einem Schilddrüsenrest am oberen Pol oder dorsal von 1 bis 4 ml entspricht.

Letztlich ist für die Wahl der Operationsstrategie die Kenntnis des präoperativen Befundes unabdingbar.

Laut Leitlinie "Operative Therapie benigner Schilddrüsenerkrankungen" der Deutschen Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie – Chirurgische Arbeitsgemeinschaft Endokrinologie bestehen je nach präoperativer Diagnose folgende Empfehlungen für das zu wählende Resektionsverfahren:

  • Bei malignitätsverdächtigen Knoten sollte aufgrund des Risikos eines erst postoperativ möglichen Karzinomnachweises grundsätzlich eine Hemithyreoidektomie durchgeführt werden.
  • Bei vollkommen knotig umgewandeltem Schilddrüsengewebe oder multiplen Knoten in beiden Schilddrüsenlappen sollte eine Thyreodektomie oder Fast-totale Thyreoidektomie (near total) angestrebt werden.
  • Bei gegebener Operationsindikation des Morbus Basedow ist immer eine Thyreoidektomie anzustreben.
  • Ferner wird bei Solitärknoten ohne Malignitätshinweis, je nach Knotengröße und intrathyreoidaler Lage, eine Knotenexzision mit Entfernung des umgebenden Randsaumes normalen Schilddrüsengewebes, eine subtotale Lappenresektion oder eine Hemithyreoidektomie empfohlen.
  • Bei Vorliegen einer Rezidivstruma soll neben der Vermeidung eines erneuten Rezidivs unter Erhaltung der Rekurrens- und Nebenschilddrüsenfunktion ein schonenderes Vorgehen gewählt werden, dass ausreichend für die Beseitigung des führenden Befundes ist.

Risiken der Schilddrüsenoperation

Neben allgemeinen Risiken, wie sie auch bei anderen Operationen mit einer Vollnarkose auftreten, treten bei der Schilddrüsenoperation spezifische Risiken auf. Zu diesen gehören vor allem die vorübergehenden oder permanenten Störungen der Kehlkopffunktion durch Nervenläsionen (zum Beispiel des Nervus laryngeus recurrens), der Nebenschilddrüsen mit einer Hypokalzämie bzw. eines Hypoparathyreoidismus. Weitere Risiken sind Nachblutungen, die zu einer akuten Atembehinderung führen können, vorübergehende Schluckstörungen und Taubheitsgefühl im Bereich der OP-Narbe. Es kann postoperativ zu einer überschießenden Narbenbildung kommen. Bei Zweitoperationen (bei bereits einer früher stattgefundenen Schilddrüsenoperation) ist das Risiko nochmals deutlich erhöht.

Vorbereitung auf die Schilddrüsenoperation

Zervikale Sonographie

Für eine erfolgreiche Schilddrüsenoperation ist eine ausreichende präoperative Diagnostik essenziell. Eine wichtige Basisuntersuchung, die vor jeder Operation der Schilddrüse vorliegen sollte, ist die zervikale Sonographie, bei der mittels Ultraschalluntersuchung Informationen über die Ausdehnung und Struktur des Organs, Malignitätshinweise und Hinweise auf knotige Veränderungen sowie Lymphknotenvergrößerungen gesammelt werden.

Schilddrüsenszintigraphie

In Ergänzung der Schilddrüsensonografie ist die Schilddrüsenszintigraphie empfehlenswert. Sie dient zur Funktionsdifferenzierung von Knoten und Beurteilung fokaler oder disseminierter Autonomien. Auch ist hiermit das Aufsuchen einer intrathorakalen oder ektopen/dystopen Struma möglich. Wichtig ist eine Schilddrüsenszintigraphie insbesondere vor Rezidiveingriffen, d.h. bei bereits voroperierten Patienten vor erneuter Operation.

Laboruntersuchungen der Schilddrüse

Vor einer Schilddrüsenoperation sollten Informationen über die Funktionslage der Schilddrüse (Normalfunktion, Überfunktion oder Unterfunktion) vorliegen. Auch ist die Kenntnis von Schilddrüsentumormarkern, insbesondere des basalen Calcitonin (gegebenenfalls auch Unter Stimulation mit Kalzium oder Pentagastrin) wichtig, da die Kenntnis eines zu erwartenden Schilddrüsenkarzinoms entscheidenden Einfluss auf die Operationsstrategie hat. Ein wichtiger Parameter, der bei einer Schilddrüsenoperation vorliegen sollte, ist die Bestimmung des Serumkalziumspiegels und gegebenenfalls eine Bestimmung des intakten Parathormons (Hormon der Nebenschilddrüse).

Feinnadelpunktion

Mit einer Feinnadelpunktion kann Material für eine zytologische Beurteilung (Untersuchung der Zellen unter dem Mikroskop) gewonnen werden. Bei vorliegenden, in der Bildgebung suspekten Knoten oder tumorverdächtigen Halslymphknoten kann die Kenntnis der zytologischen Diagnose für die Operationsplanung von Bedeutung sein. Allerdings kann durch eine präoperative Zytologie eine follikuläre Neoplasie in der Regel nicht eindeutig abgeklärt werden.

Untersuchung der Stimmlippenfunktion

Die präoperative Untersuchung der Stimmlippenfunktion (laryngoskopische Untersuchung) ist unbedingt zu empfehlen. Wenn die Stimme bereits präoperativ verändert ist oder Bestrahlungen im Halsbereich oder Voroperationen stattgefunden haben ist die laryngoskopische Untersuchung absolut unerlässlich. Eine bereits vorbestehende Rekurrensparese (Lähmung des Stimmbandnerven mit Stimmlippenstillstand) muss unbedingt vor der Operation bekannt sein. Präoperatives Aufklärungsgespräch durch den Chirurgen Vor der Operation sollte ein ambulantes Aufklärungsgespräch durch den Chirurgen erfolgen. Dabei sichtet der chirurgische Kollege die bislang erhobenen Befunde und beurteilt, ob auf Grundlage dieser Informationen die Indikation für eine Schilddrüsenoperation gegeben ist. Auch wird geklärt, ob zusätzliche Diagnostik benötigt wird. Der Patient wird über die Vor- und Nachteile der Schilddrüsenoperation und über spezielle Risiken aufgeklärt. Im Ergebnis wird ein stationärer Aufnahmetermin vereinbart.

Ablauf der Operation am Beispiel einer radikalen Thyreoidektomie

Die Schilddrüsenoperation wird in Vollnarkose durchgeführt. Die Beatmung erfolgt üblicherweise mit einem leichten Überdruck, um eine Luftembolisation über eröffnete Halsvenen zu verhindern.

Der Patient wird meist mit leicht angehobenem Oberkörper und nach hinten übergestrecktem Hals gelagert. Die Augen und der Kopf werden gepolstert und der Tubus (Beatmungsschlauch) fixiert. Der Kopf wird mit Tüchern vollständig abgedeckt. Standard in der aktuellen Schilddrüsenchirurgie ist der Kocher-Kragenschnitt, der üblicherweise ein bis zwei Querfinger oberhalb des Jugulum (der kleinen Grube am oberen Rand des Brustbeins zwischen den Schlüsselbeinen), möglichst entlang einer Hautfalte, gelegt wird. Die äußere Begrenzung des Schnittes sind die vorderen Halsmuskeln, die vom Brustbein zur Schädelbasis verlaufen. Unter Umständen wird eine Erweiterung des Schnittes erforderlich sein, insbesondere bei Operationen einer Rezidivstruma oder bei ausgedehnten Befunden. So ist eine Ausdehnung des Schnittes an den seitlichen Rändern nach oben hin möglich oder mittig über dem Brustbein nach unten, wenn ein größerer Zugang zum Operationsgebiet erforderlich sein sollte. Nach dem Hautschnitt werden die zuvor genannten Halsmuskeln mit Haken zur Seite weg gehalten. Nun kann die Schilddrüse unter Durchtrennung der vor ihr liegenden Schichten von kranial nach kaudal (von oben nach unten) und von lateral nach medial (von außen nach innen) freigelegt werden. Anschließend wird der obere Pol gelöst und die Drüse nach inferior (unten) gezogen. Die Verbindung zwischen Kehlkopfmuskulatur und oberem Pol wird teilweise stumpf, teilweise scharf durchtrennt. Hierbei muss eine Verletzung des Nervus laryngeus superior (oberer Stimmbandnerv) vermieden werden. Nachdem die Drüse seitlich freipräpariert wurde, können die oberen Polgefäße abgebunden und abgesetzt (durchtrennt) werden. Zur Schonung der feinen Strukturen trägt der Operateur an dieser Stelle eine Lupenbrille.

Die nächste Etappe der Schilddrüsenoperation stellt die pflichtgemäße Darstellung des Nervus recurrens dar. Dazu wird der obere Pol der Schilddrüse nach medial (mittig) verlagert. Nun wird die Rückseite der Schilddrüse unter absoluter Bluttrockenheit (Unterbinden der Gefäße und Absaugen bzw. Abtupfen von Blut) frei präpariert. Durch leichten Zug an der Schilddrüse wird die Arteria thyroidea inferior dargestellt und angezüngelt (mit einem Faden angebunden um sie bewegen zu können). Den Nervus recurrens kann man an der Kreuzungsstelle mit der Arteria thyreoidea inferior aufsuchen. Er liegt dort regelmäßig 1 bis 2 cm seitlich der tracheoösophagealen Grube. Der Nerv verläuft leicht schräg von unten-seitlich-hinten nach oben-mittig-vorn. Der Nervus recurrens wird auf der gesamten Länge vom Eintritt unten in das OP-Gebiet an der oberen Thoraxapertur bis nach oben an der Einmündung in die Kehlkopfmuskulatur freigelegt. Dabei soll ein direktes Berühren mit Instrumenten oder ein Anbinden des Nerven vermieden werden. Wichtig ist im weiteren Verlauf der Operation, dass der Nervus recurrens immer im Auge behalten wird.

Anschließend erfolgt die Freipräparation der Nebenschilddrüsen. In über 90 % der Fälle gibt es auf jeder Seite zwei, die bei der Thyreodektomie immer identifiziert und geschont werden sollten. Die obere Nebenschilddrüse liegt regelmäßig etwa in Höhe der Mitte des Schilddrüsenlappens, etwas oberhalb der Arteria thyroidea inferior und hinter dem Nervus recurrens. Die untere Nebenschilddrüse bereitet meist etwas mehr Sorge beim Auffinden. Hier sind erheblich häufiger Variationen zu beobachten. Wenn diese nach eingehenden Bemühungen bei der Präparation nicht gefunden werden kann, ist von einer atypischen Lage auszugehen. Die Nebenschilddrüsen werden sodann unter Erhalt der Gefäßversorgung von der Schilddrüsenkapsel abpräpariert, wobei möglichst der Gefäßstiel, der die Nebenschilddrüsen versorgt, erhalten werden soll. Sollte dies nicht möglich sein, wird die Nebenschilddrüse in kleine Stücke geschnitten und in eine Tasche der Halsmuskulatur, die präpariert wird, eingesetzt. Dies soll eine spätere Durchblutung der belassenen Nebenschilddrüsenteile ermöglichen. Die in die Muskulatur eingesetzten Nebenschilddrüsenanteile werden mit einem kleinen Clip markiert, um sie gegebenenfalls später wieder auffinden zu können.

Nachdem die seitliche hintere Schilddrüse frei präpariert wurde, wird nun der untere Pol freigelegt, und die einmündenden Venen werden abgesetzt. Jetzt kann der Schilddrüsenlappen nach innen geklappt und von der Luftröhre abgetrennt werden. Auf der Gegenseite wird in gleicher Weise vorgegangen. Eventuell ist die Entfernung eines variablen Lobus pyramidalis erforderlich. Unter Umständen ist die Ausräumung des zentralen Lymphknotenkompartiments bei Verdacht auf Vorliegen eines malignen Befundes erforderlich. Gegebenenfalls ist auch eine Ausräumung der lateralen Halskompartimente und des mediastinalen Lymphknotenkompartiments erforderlich. Abschließend erfolgt ein schichtweiser Verschluss des Operationsgebietes.

Bei der Operation erfolgt heutzutage üblicherweise eine Überwachung der Funktion des Stimmbandnervs mittels eines Neuromonitorings. Hierfür werden Geräte eingesetzt, die helfen sollen, Nerven zu identifizieren. Dazu werden Nadel-oder Oberflächenelektroden an Muskeln angebracht, durch die potenziell gefährdete Nerven verlaufen. Die Elektroden werden mit dem Gerät verbunden. Das System nimmt über die Elektroden Informationen zur elektrischen Aktivität der Muskeln auf. Das Neuromonitoring System warnt den Arzt über optische und akustische Signale, wenn ein Nerv in der Nähe liegt und gefährdet ist. Außerdem kann überprüft werden, ob der Nervus recurrens unverletzt ist.

Der Chirurg beginnt immer auf der Seite mit dem ausgeprägtesten Befund. Sollten nach Fertigstellung dieser Seite Zweifel an der Funktion des Stimmbandnerven bestehen, kann die Operation abgebrochen und gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt komplettiert werden.

Während der Operation ist es möglich, das entfernte Schilddrüsengewebe oder einzelne Knoten bereits durch einen Pathologen grob voruntersuchen zu lassen. Dieser fertigt einen intraoperativen Schnellschnitt an und informiert den Chirurgen über das Ergebnis. Nun kann über den weiteren Ablauf der Operation und die Radikalität entschieden werden. So kann bei Nachweis von Schilddrüsenkarzinomzellen ein deutlich radikaleres Vorgehen mit gegebenenfalls Ausräumung der Lymphknoten gewählt werden.

Nach der Schilddrüsenoperation

In den ersten Stunden nach der Schilddrüsenoperation ist eine Kontrolle der Vitalparameter und Wundverhältnisse erforderlich. Die postoperative Überwachung soll akute Komplikationen rechtzeitig erkennen helfen. Insbesondere besteht das Risiko einer postoperativen Nachblutung in ca. ein Prozent der Fälle, die überwiegend innerhalb der ersten 8 Stunden auftreten. Gegebenenfalls ist eine Revision zeitnah erforderlich.

Nach der Operation soll eine erneute laryngoskopische Kontrolle der Kehlkopffunktion und insbesondere eine Beurteilung der Stimmbandfunktion erfolgen. Bei einer nachgewiesenen Kehlkopf Dysfunktion ist eine weiterführende Diagnostik und gegebenenfalls Therapie empfohlen. Diese sollte frühzeitig eingeleitet werden, damit der Patient sich nicht eine falsche Sprech- und Atemtechnik angewöhnt.

Die Bestimmung des Kalziumspiegels im Serum sollte postoperativ engmaschig erfolgen. Auch wenn die Nebenschilddrüsen bei der Operation nicht entfernt wurden, kann es zu einer passageren oder langfristigen Unterfunktion der Nebenschilddrüse kommen. Dies liegt häufig an einer Durchblutungsstörung bzw. einer Ischämie während der Operation. Oft ist eine Hypokalzämie, die unmittelbar postoperativ auftritt nur passager und bereits nach wenigen Tagen rückläufig. Gelegentlich dauert die Normalisierung des Kalziumspiegels aber auch Wochen bis Monate. In einigen Fällen ist eine lebenslange Substitution von Kalzium oder die Gabe eines synthetischen Vitamin-D-Analogon wie Calcitriol erforderlich. Die Einstellung und langfristige Kontrolle gehört in die Hände eines erfahrenen Facharztes.

Eine postoperative Kontrolle der Morphologie der Restschilddrüse wird empfohlen. Wenn sich hier noch nennenswerte Schilddrüsenreste oder gar Knoten zeigen, sollte eine engmaschige regelmäßige bildgebende Verlaufskontrolle geplant werden. Auch ist von diesem Befund abhängig, welche weitere medikamentöse Einstellung mit Schilddrüsenhormon und/oder Jod erforderlich ist.

Die Einleitung einer Schilddrüsenhormonsubstitution bzw. Einleitung einer Rezidivprophylaxe mit einer Strumamedikation ist in der Regel erforderlich. Mit den Schildrüsenchirurgen der Region besteht die Absprache, dass die Entlassung der Patienten aus der stationären Betreuung ohne Schilddrüsenhormongabe erfolgen soll. Dies erleichtert die empfohlene postoperative Bildgebung mittels Szintigraphie. Außerdem liegen häufig am Tag der Entlassung die endgültigen Ergebnisse der Pathologie noch nicht vor, die Einfluss auf die Einstellung der Stoffwechsellage haben können. Sollte ein hochdifferenziertes Schilddrüsenkarzinom vom papillären oder follikulären Typ nachgewiesen worden sein, ist gegebenenfalls eine Radiojodtherapie in Schilddrüsenhormonkarenz zu planen.