Morbus Basedow (Immunthyreopathie)

Allgemeines

Der Morbus Basedow (Immunthyreopathie) ist eine Autoimmunerkrankung, die die Schilddrüse betrifft. Den meisten ist diese Erkrankung durch die Augenbeteiligung (endokrine Orbitopathie) bekannt. Die Immunthyreopathie wurde erstmals von Robert James Graves 1835 beschrieben und wird nach ihm im angelsächsischen Sprachraum als Graves' disease bezeichnet. In Deutschland wurde die Erkrankung von Carl Adolph von Basedow 1840 zum ersten Mal beschrieben. Nach ihm wurde die Erkrankung im deutschsprachigen Raum benannt.

Carl von Basedow war ein in Merseburg tätiger Arzt. Daher werden die drei Symptome Exophthalmus, Kropf und Tachykardie als "Merseburger Trias" bezeichnet. Häufig wird die Augenbeteiligung (endokrine Orbitopathie) mit dem Morbus Basedow gleichgesetzt. Dies ist nicht richtig. Die endokrine Orbitopathie ist ein fakultatives Symptom des Morbus Basedow – muss also nicht auftreten.

Weiterhin wissen wir heutzutage, dass eine Schilddrüsenvergrößerung (Kropf) im Rahmen der Immunthyreopathie auftreten kann, aber nicht muss. Die Tachykardie (erhöhter Puls) ist das Ergebnis einer gleichzeitig bestehenden Schilddrüsenüberfunktion. Der Basedow im engeren Sinne bezeichnet nur die Autoimmunerkrankung.

Wie alle Autoimmunerkrankungen ist der Morbus Basedow nicht heilbar und besteht ab Erstmanifestation bis zum Lebensende. Behandelt werden können nur Symptome bzw. die Überfunktion der Schilddrüse. Letztlich kann die Schilddrüse durch Operation oder Radiojodtherapie ausgeschaltet werden. Sie stellt aber nicht die Verursacherin der Erkrankung dar und ist eigentlich nur „Opfer“.

Die Immunthyreopathie kann grundsätzlich in jedem Alter auftreten - auch bereits in der Kindheit. Frauen sind signifikant häufiger als Männer betroffen (etwa zehnmal häufiger). In Ländern mit ausreichender Jodversorgung stellt die Immunthyreopathie die häufigste Ursache für eine Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) dar. In Jodmangelgebieten ist häufiger eine Hyperthyreose durch Autonomie der Schilddrüse zu beobachten. In Deutschland sehen wir eine Abnahme der Autonomien und damit eine Zunahme der relativen Häufigkeit von Immunthyreopathie-induzierten Hyperthyreosen.

Unter Umständen kann auch ein Morbus Basedow zusammen mit einer Schilddrüsenautonomie auftreten. Diese Konstellation wird als Marine-Lenhart-Syndrom bezeichnet.

Ursachen und Prinzip der Erkrankung

Die Ursachen, die zum Entstehen eines Morbus Basedow führen, sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass ein genetischer Defekt des Immunsystems eine wichtige Rolle spielt. Damit ist ein entscheidender Faktor die familiäre Veranlagung. Bei entsprechender Disposition führen nun bestimmte Einflussfaktoren, wie zum Beispiel Stress, Nikotinabusus oder Virusinfektionen, zum Ausbruch der Erkrankung. Patienten mit einem Basedow verfügen häufig über eine relative Stressintoleranz. Insbesondere wenn dann reale Stressereignisse vorliegen kommt es typischerweise zu einem Ausbruch eines akuten Schubes des Morbus Basedow. Fast immer kann ein Patient im akuten Schub dieses auslösende Stressereignis benennen.

Die Immunthyreopathie vom Typ Basedow ist im Bereich der Schilddrüse durch zwei Problemkreise gekennzeichnet. Zum einen kommt es zu einer Lymphozyteninfiltration wie bei einer Hashimoto-Thyreoiditis. Diese führt häufig ebenso wie die Immunthyroiditis vom Typ Hashimoto zu einer Hypothyreose (Schilddrüsenunterfunktion). In der Regel verläuft dieser Prozess allerdings erheblich langsamer als bei der Hashimoto-Thyreoiditis. Häufig werden über Jahre euthyreote Stoffwechsellagen ohne medikamentöse Intervention im nicht floriden Intervall (bei negativen TRAK) beobachtet. Im akuten Schub kommt es zum anderen zu einer Bildung von TSH-Rezeptor-Antikörpern (TRAK). Die gesunde Schilddrüsenzelle wird in ihrer Funktion durch das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) gesteuert. Die Steuerung funktioniert über einen Rezeptor auf der Schilddrüsenzelle. Die TSH-Rezeptor- Antikörper binden nun an diesen Rezeptor, der üblicherweise dem TSH vorbehalten ist. Dies wird von den Schilddrüsenzellen als Auftrag fehlinterpretiert, verstärkt Schilddrüsenhormone zu produzieren. Dadurch kommt es zu einer Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose). Da das Thyreoidea-stimulierende Hormon (TSH) auch gleichzeitig einen gewissen Wachstumsreiz darstellt, erklärt sich die häufig gleichzeitig zu beobachtende Größenzunahme der Schilddrüse, die in einer Struma resultieren kann.

Die Immunthyreopathie tritt gehäuft neben anderen Autoimmunerkrankungen, wie Diabetes mellitus Typ I (jugendlicher Diabetes), Autoimmungastritis (Autoimmunerkrankung der Magenschleimhaut), Lupus erythematodes, Vitiligo (Weißfleckenkrankheit) und chronischer Polyarthritis (Rheuma), auf.

Die Erkrankung beginnt typischerweise mit einem akuten Schub, der sich durch Symptome der Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion) oder/und der Erstmanifestation einer endokrinen Orbitopathie äußert. Unter medikamentöser Therapie, mit der die Schilddrüsenüberfunktion, nicht aber die Autoimmunerkrankung an sich, behandelt wird, kommt es in ca. der Hälfte der Fälle zu einer Remission (Beruhigung). In einigen von diesen Fällen, die in eine Spontanremission münden, kommt es nach Monaten, Jahren und zuweilen Jahrzehnten zu erneuten akuten Erkrankungsschüben. Bei allen Patienten, bei denen es nicht zu einer Spontanremission kommt, oder bei denen sekundäre Erkrankungsschübe auftreten, ist eine Behandlung mittels Operation (Entfernung der Schilddrüse, Thyreoidektomie) oder einer Radiojodtherapie zur Ausschaltung der Schilddrüse notwendig.

Symptome

Die Immunthyreopathie vom Typ Basedow manifestiert sich zum einen in der Schilddrüse und zum anderen außerhalb der Schilddrüse sowie durch Allgemeinsymptome der Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose).

Symptome der Immunthyreopathie an der Schilddrüse sind:

  • Schilddrüsenvergrößerung
  • Druckempfindlichkeit am Hals

Symptome der Immunthyreopathie im engeren Sinne (hervorgerufen durch die TSH-Rezeptor Antikörper) außerhalb der Schilddrüse:

  • endokrine Orbitopathie mit leichten Formen (nur Schwellung um die Augen, tränende Augen, brennende Augen), über Lidretraktionen bis hin zu einem Exophthalmus (Hervortreten des Augapfels)
  • Proliferationen (Wucherungen) im Bereich der Herzklappen
  • Schwellungen an den Unterschenkeln

Symptome der Hyperthyreose (Schilddrüsenüberfunktion)

  • Innere Unruhe, Gereiztheit
  • Erhöhter Puls (Tachykardie)
  • Gewichtsverlust trotz Heißhunger
  • Schwitzen, warme feuchte Haut
  • Durchfallneigung
  • Allgemeine Schwäche und Schwäche der Muskulatur
  • Zittrigkeit
  • Zyklusunregelmäßigkeiten und Unfruchtbarkeit
  • Luftnot insbesondere unter Belastung
  • Schwirren im Hals

Komplikationen

Die von Ärzten am meisten gefürchtete Komplikation ist das Auftreten einer thyreotoxischen Krise. Diese tritt im Rahmen eines fulminanten Schubes einer Immunthyreopathie vom Typ Basedow häufiger als bei Autonomien (im Zusammenhang mit Jodexpositionen) auf. Thyreotoxische Krisen haben eine Letalität (tödlicher Ausgang) je nach Stadium von bis zu 30 % (im Stadium III).

Diagnostik

Beweisend für die Diagnose des Morbus Basedow ist eine typische Laborkonstellation mit Hyperthyreose, begleitet von erhöhten TSH-Rezeptor-Autoantikörpern. Häufig sind auch die Anti-TPO und Anti-TG erhöht. In der Sonografie (Ultraschall) findet sich meist ein echoarmes (dunkles) Organ mit Inhomogenitäten. Die Schilddrüse ist oft vergrößert mit einem Aspekt einer Schwellung. Für die langfristigen Therapieoptionen ist die Kenntnis wichtig, ob sich in der Schilddrüse zusätzlich Knoten finden. Schließlich ist die Schilddrüsenszintigraphie ein wichtiges Mittel zur Beurteilung der Intensität des Erkrankungsschubes.

Die initiale Höhe der TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK) sowie die Höhe des Technetium-Uptakes (Aufnahme des radioaktiven Tracers in der Schilddrüsenszintigraphie) der noch medikamentös unbehandelten Schilddrüse sind gute Anhaltspunkte für die Prognose der Erkrankung (hinsichtlich einer Spontanremission). Insbesondere das Vorliegen eines hohen Ausgangs-TRAK in Verbindung mit einem stark erhöhten Technetium-Uptake in der Schilddrüsenszintigraphie lassen eine Spontanremission nicht erwarten.

Zuweilen sind seronegative Immunthyreopathien zu beobachten. In diesen Fällen können die TSH-Rezeptor-Antikörper (TRAK) nicht nachgewiesen werden. Dies bedeutet nicht, dass diese nicht vorhanden sind, sondern dass die Bestimmung des individuell vorliegenden TRAK nicht gelingt. Aus diesem Grund wird in unserer Praxis ein besonders sensitiver humaner TRAK-Test eingesetzt, der üblicherweise anderen Labore nicht zur Verfügung steht.

Allerdings gelingt die korrekte Diagnosestellung eines Morbus Basedow auch bei negativen TRAK durch die typische Konstellation der klinischen Symptomatik (mit oder ohne endokrine Orbitopathie), der Hyperthyreose, des typischen sonographischen Befundes in Verbindung mit dem allgemein gesteigerten Technetium-Uptake im Schilddrüsenszintigramm.

Behandlung der Immunthyreopathie (Basedow)

Eine kausale Therapie des Basedow, d.h. eine Therapie der eigentlichen Schilddrüsenautoimmunerkrankung, steht bislang leider nicht zur Verfügung. Letztlich beschränkt sich die Behandlung der Immunthyreopathie auf die Behandlung der Schilddrüsenfunktionsstörung, gegebenenfalls der Behandlung einer Schilddrüsenvergrößerung (Struma) oder einer Behandlung der endokrinen Orbitopathie.

Für eine Remission des Basedow sind grundsätzlich zwei Dinge notwendig: zum einen Zeit (die medikamentös überbrückt werden muss) und zum anderen Verarbeitung des akuten Stressereignisses bzw. Erlernen von Techniken zur Stressbewältigung. Letzteres wird üblicherweise vernachlässigt.

Die medikamentöse Therapie in der Schilddrüsenüberfunktion soll die Zeit des floriden Schubes überbrücken und erstreckt sich üblicherweise über 6 Monate bis zu einem Jahr, wobei sich in der Literatur häufig noch Angaben von bis zu zwei Jahren finden. In der Regel kann man aber bereits nach 6 Monaten abschätzen, ob eine Spontanremission aufgetreten ist oder in der nächsten Zeit wahrscheinlich erscheint. Eine wichtige Rolle spielen hierbei als prognostische Faktoren der initiale Technetium-Uptake im Schilddrüsenszintigramm sowie die initiale Höhe des TSH-Rezeptor-Antikörpertiters bzw. die Höhe des Titers im Verlauf. Ein kürzeres Intervall als 6 Monate unter medikamentöser Behandlung bis zu einer definitiven Therapie mittels Operation oder Radiojodtherapie wird als prognostische ungünstig angesehen für das spätere Auftreten einer endokrinen Orbitopathie. Dennoch kann es unter Umständen erforderlich sein, vor Ablauf von 6 Monaten bereits eine Operation oder Radiojodtherapie zu planen, wenn die Medikamente gegen die Überfunktion nicht vertragen werden.

Auch in den Fällen, in denen es ursprünglich zu einer Spontanremission kam, in denen aber zu einem späteren Zeitpunkt ein sekundärer Schub der Immunthyreopathie auftritt, wird eine definitive Therapie unmittelbar nach Erreichen einer euthyreoten Stoffwechsellage (Normalfunktion) unter Thyreostase empfohlen.

Medikamentöse Therapie

Im Rahmen der initialen Behandlung eines floriden Schubes der Immunthyreopathie vom Typ Basedow kommen Thyreostatika und bei Vorliegen einer Tachykardie Betablocker zum Einsatz. An Thyreostatika, die die Schilddrüsenhormonsynthese hemmen, stehen zwei Wirkstoffgruppen zur Verfügung. Zum einen die üblicherweise verwendete Gruppe der Thiamide, wie zum Beispiel Carbimazol und Thiamazol (Präparatenamen: Thiamazol, Favistan, Methizol, Thyrozol). Zum anderen wird Propylthiouracil (Präparatename: Propycil) eingesetzt - insbesondere bei Unverträglichkeit gegen Thiamide sowie bei Schwangeren.

Unter der Einnahme von Thyreostatika ist eine regelmäßige Kontrolle der Leberwerte und des Blutbildes erforderlich. In seltenen Fällen kann es zu einer Verminderung der weißen Blutkörperchen oder einer Hepatitis kommen. Daneben werden auch Nebenwirkungen wie Pruritus (Juckreiz), Haarausfall und Exantheme beobachtet.

Die Thyreostatika werden initial relativ hoch dosiert. Unter kurzfristigen regelmäßigen Laborkontrollen kann dann für gewöhnlich eine zügige Reduzierung auf eine niedrigere Erhaltungsdosis erfolgen. Hintergrund ist, dass zu Beginn der Hyperthyreose eine weitgehende Blockade der Schilddrüsenhormonproduktion angestrebt wird. Schilddrüsenhormone haben eine biologische Halbwertszeit von einigen Tagen. Der Vorrat des zuvor zu viel produzierten Schilddrüsenhormons soll jetzt vom Körper natürlich abgebaut werden. Zu einem späteren Zeitpunkt wird dann wieder eine leichte Schilddrüsenhormonproduktion, wie sie zur normalen Versorgung des Körpers erforderlich ist, zugelassen.

Als Betablocker wird vorzugsweise Propranolol (Präparatename: Dociton) als nicht selektiver Beta-Rezeptorenblocker bei Herzrasen verordnet. Hierbei macht man sich die Eigenschaft zunutze, dass dieser Betablocker nicht nur selektiv auf das Herz wirkt, sondern auch den Patienten allgemein ruhiger macht, die Zittrigkeit reduziert sowie die Umwandlung von Thyroxin (die Vorratsform des Schilddrüsenhormon) in Trijodthyronin (die biologisch aktive Form der Schilddrüsenhormon) außerhalb der Schilddrüse hemmt. Die fakultative, zusätzliche Betablockergabe ist in der Regel nur im initialen Stadium der ausgeprägten Schilddrüsenüberfunktion erforderlich. Sobald die thyreostatische Therapie greift und sich die Schilddrüsenfunktion in Richtung Normalfunktion entwickelt, kann die Betablockermedikation meist wieder beendet werden.

Operation

Ziel der Operation ist eine möglichst vollständige Entfernung der Schilddrüse, um das Antigen zu entfernen, gegen das die TSH-Rezeptor-Antikörper vorwiegend gebildet werden. Vorteil der Operation ist der im Unterschied zur Radiojodtherapie unmittelbare Eintritt der Wirkung. Dies kann insbesondere beim Vorliegen einer endokrinen Orbitopathie günstig sein, da eine schwankende Stoffwechsellage zu einer Verschlechterung der Augensymptomatik führen kann. Günstiger ist die Operation auch bei sehr großen Schilddrüsen, ab einem Volumen von 30 bis 40 ml. Das Vorliegen von unklaren Knoten in der Schilddrüse sollte ebenfalls zu einer Operationsempfehlung führen.

Allerdings ist bei einer Schilddrüsenoperation einer Immunthyreopathie zu beachten, dass die typischen Operationsrisiken wie Rekurrensparese (Beeinträchtigung bzw. Lähmung des Stimmbandnervs) oder Beeinträchtigung der Nebenschilddrüsenfunktion (durch Entfernung einer Nebenschilddrüse oder Störung der Durchblutung der Nebenschilddrüsen infolge der Operation) gegenüber einer "einfachen" Strumaoperation signifikant erhöht sind. Dieses ist dem Umstand geschuldet, dass es durch die entzündlichen Veränderungen der Schilddrüse zu Vernarbungen und Verwachsungen zwischen der Schilddrüse und dem umliegenden Gewebe kommen kann. Das führt häufig auch zu einer längeren Operations- und Narkosedauer. Auch ist der Allgemeinzustand von Patienten mit einer Immunthyreopathie häufig reduziert, insbesondere je kürzer der Abstand zu einer manifesten Hyperthyreose war. Nicht zuletzt ist die Neigung zu überschießender Narbenbildung und damit einem nicht optimalen kosmetischen Ergebnis am Hals gegenüber anderen Schilddrüsenoperationen erheblich erhöht (bis zu 20 %).

Radiojodtherapie

Auch bei der Radiojodtherapie ist das Ziel eine möglichst vollständige Zerstörung der Schilddrüse (Ablation). Die Radiojodtherapie wird in Deutschland stationär (also im Krankenhaus) durchgeführt. Je größer die Schilddrüse ist, umso höher ist die erforderliche Dosis Jod-131, der radioaktiven Substanz, mit der die Radiojodtherapie durchgeführt wird. Entsprechend kann die stationäre Aufenthaltsdauer zwischen wenigstens zwei Tagen (entspricht dem gesetzlich geforderten Mindestaufenthalt aus Strahlenschutzgründen) bis zu einer Woche, je nach zu behandelndem Schilddrüsenvolumen und der damit erforderlichen Radiojod-Dosis, betragen.

Die Radiojodtherapie ist eine sehr schonende Therapieform ohne Risiko für den Stimmbandnerv. Sie wird gut vertragen und bereitet selten Lokalbeschwerden. Als Nachteil ist zu sehen, dass hier radioaktive Strahlung (überwiegend Betastrahlung mit einer Reichweite im Gewebe von wenigen Millimetern) eingesetzt werden muss. Die Wirkung stellt sich erst in den nächsten Wochen ein. Überlappend müssen regelmäßige Laborkontrollen erfolgen, um die Schilddrüsenhormonsubstitution rechtzeitig zu beginnen und die Dosis dann der fortschreitenden Wirkung der Radiojodtherapie im Verlauf anzupassen. Insbesondere unregelmäßige Kontrollen mit zu großen Abständen können dazu führen, dass die Stoffwechsellage übermäßig schwankt, was das Risiko für das Auftreten einer endokrinen Orbitopathie erhöhen kann. Da sich herausgestellt hat, dass die Umstellung der Stoffwechsellage das Risiko für einen Schub einer endokrinen Orbitopathie erhöht, wird die Radiojodtherapie meist unter Cortisonschutz durchgeführt. Unter der Einnahme von Cortison ab der Radiojodtherapie über mehrere Wochen wird dieses Risiko deutlich reduziert.

Behandlung der endokrinen Orbitopathie

Die Behandlung der endokrinen Orbitopathie gehört in die Hände eines erfahrenen Augenarztes in Zusammenarbeit mit dem die Schilddrüsenüberfunktion behandelnden Facharzt. Vorrangiges Ziel beim Auftreten einer endokrinen Orbitopathie bzw. eines akuten Schubes einer bereits bestehenden endokrinen Orbitopathie muss die zügige Korrektur der Schilddrüsenfunktionsstörung sein.

Da ein bestehender Nikotinabusus das Risiko für eine endokrine Orbitopathie erhöht, sollte spätestens jetzt das Rauchen eingestellt werden.

Beim Auftreten eines akuten Schubes einer endokrinen Orbitopathie kann eine Cortisonmedikation eingesetzt werden. Es gibt zwei mögliche Herangehensweisen: eine sehr hoch dosierte Cortisonstoßtherapie, die üblicherweise stationär durchgeführt wird, oder eine Cortisonmedikation in geringerer Dosierung, die über einige Wochen ambulant durchgeführt werden kann mit ausschleichender Dosierung.

Eine weitere Therapiemaßnahme ist die Bestrahlung des Retrobulbärraumes, wobei hier einerseits der akute Schub zum Stillstand gekommen sein sollte, um zu verhindern, dass der Erfolg der Bestrahlung nur vorübergehend ist, und zum anderen sollte die Schwellung der Augenmuskeln noch nicht zu lange vorliegen. Da die menschliche Augenlinse sehr strahlensensibel ist und mit einer Trübung reagieren kann (grauer Star) ist diese Therapie gut abzuwägen. Außerdem ist die kumulative Strahlendosis, d.h. die Strahlendosis, die insgesamt im ganzen Leben in der Region der Augenhöhlen angewendet werden darf, begrenzt. Daher kann die Therapie nicht beliebig oft bei weiteren Schüben wiederholt werden.

Darüber hinaus können verschiedene augenärztliche Korrekturoperationen zum Einsatz kommen. Diese können unter anderem Lidkorrekturen, Schieloperationen bzw. Volumenreduzierung einzelner Augenmuskeln umfassen.