Radiosynoviorthese

Was ist eine Radiosynoviorthese (RSO)? Prinzip der Radiosynoviorthese

Der Begriff Radiosynoviorthese leitet sich aus dem griechischen „Synovialis“ (Schleimhaut) und „Orthese“ (Wiederherstellung) ab und meint die Wiederherstellung der Gelenkschleimhaut durch Radionuklide. Im angloamerikanischen Sprachraum wird die Methode auch als „radiosynovectomy“ oder „radiation synovectomy“ bezeichnet, was dem Verständnis als Alternative zur chirurgischen Synovektomie (chirurgische Entfernung von Schleimhaut) entspricht.

Die Radiosynoviorthese wird seit ca. 50 Jahren angewandt und stellt somit eine in ihrer Langzeitwirkung gut beobachtete Methode dar.

Bei entzündlichen Gelenkerkrankungen, wie der Arthritis (Gelenkentzündung im Rahmen von Rheuma) oder der aktivierten Arthrose (Gelenkentzündung im Rahmen von Verschleiß), aber auch häufig nach der Implantation von Knieendoprothesen, kommt es zu einer Reizung und Verdickung der Gelenkschleimhaut, was sich durch Schmerzen und Gelenkergüsse äußert. Bei der Radiosynoviorthese wird eine radioaktive Substanz in kolloidaler Form (in Partikelform) in das Gelenk injiziert. Diese Substanz wird von den Entzündungszellen phagozytiert („gefressen“) und schaltet diese aus. Für die Radiosynoviorthese werden ausschließlich radioaktive Isotope verwendet, die unter Aussendung von Beta-Energie zerfallen (Erbium-169, Rhenium-186 und Yttrium-90). Beta-Energie zeichnet sich durch eine sehr kurze Reichweite von wenigen Millimetern im Gewebe aus. Dadurch wird eine oberflächliche Wirkung nur in der Schleimhaut erreicht. Auf Grund der kurzen Reichweite der Strahlung ist eine Wirkung auf andere Organe bei ordnungsgemäßer Injektion in die Gelenkhöhle ausgeschlossen. Die Auswahl des Radionuklids richtet sich nach der Gelenkgröße. So kommt Erbium-169 bei kleinen Gelenken (z.B. Fingergelenke), Rhenium-186 bei mittelgroßen (z.B. Handgelenke) und Yttrium-90 bei großen Gelenken (z.B. Kniegelenke) zur Anwendung. In Deutschland dürfen Therapien mit radioaktiven Substanzen nur von Fachärzten für Nuklearmedizin oder Ärzten mit einer speziellen nuklearmedizinischen Fachkunde durchgeführt werden.

Die Erfolgsquote (Schmerzlinderung bis -freiheit) liegt bei 60-80%. Die Radiosynoviorthese erfolgt ambulant und im Anschluss daran ohne jegliche Strahlenschutzmaßnahmen für den Patienten und seine Umgebung.

Indikationen

Eine Indikation zur Radiosynoviorthese ist bei Rheumatikern nach Ablauf von 6 Monaten gegeben, wenn eine Basistherapie nicht die Entzündung in den Griff bekommen hat. Bei der aktivierten Arthrose ist die Indikation schon früher gegeben, da hier bereits von destruktiven Veränderungen an den Gelenken auszugehen ist. Die Radiosynoviorthese wird häufig mit Operationen kombiniert, d.h. dass bei besonders schweren Krankheitsverläufen die RSO etwa 4 bis 6 Wochen nach einer chirurgischen Therapie zur Anwendung kommt. Durch die Kombination chirurgischer Verfahren und der RSO sind die erzielten Ergebnisse häufig noch besser als mit den jeweiligen Einzelmethoden.

Im Vorfeld einer Radiosynoviorthese sind vom behandelnden Nuklearmediziner vorliegende Voruntersuchungen zu sichten und neben einer Anamnese- und klinischen Befunderhebung eine Skelettszintigraphie in mindestens 2-Phasen-Technik anzufertigen. Allein durch eine entsprechend durchgeführte Knochenszintigraphie lässt sich die Entzündung der Gelenkschleimhaut nachweisen und somit die Frage beantworten, ob die gegen die Schleimhautentzündung gerichtete Radiosynoviorthese eine sinnvolle Therapieoption darstellt.

An welchen Gelenken kann die Therapie durchgeführt werden?

Die Therapie ist durchführbar an:

Wie wird die Therapie durchgeführt?

Nach örtlicher Betäubung wird unter Durchleuchtung (bei Kniegelenken nicht erforderlich) und mit Kontrastmitteln sichergestellt, dass die Punktionsnadel intraartikulär (im Gelenk) liegt. Anschließend wird das radioaktive Medikament in die Gelenkhöhle gespritzt. Um Beschwerden bis zum eigentlichen Wirkungseintritt durch die radioaktive Substanz zu lindern, wird häufig etwas Kortison in das Gelenk gegeben.

Anschließend ist eine Ruhigstellung des Gelenkes über einen Zeitraum von 48 Stunden wichtig, um zu verhindern, dass die in das Gelenk applizierte Substanz austritt.

Gibt es Risiken und Nebenwirkungen der RSO?

Die Risiken sind erfreulicherweise gering bzw. Nebenwirkungen treten relativ selten auf. Hauptrisiko einer Radiosynoviorthese ist der Austritt der radioaktiven Substanz, so dass im behandelten Gelenk keine ausreichende Wirkung erzielt wird. In einigen Fällen kommt es zu einer sogenannten Strahlennekrose im Austrittsbereich, also an der Einstichstelle. Das bedeutet, dass es zu einer Weichteilschädigung kommt. Hauptproblem ist hierbei, dass durch die Strahlenwirkung die Heilung verzögert ist. Somit kann es zu einer Rötung oder längerfristigen Verschorfung (einige Wochen) in diesem Bereich kommen.

Bei einer Radiosynoviorthese erfolgt eine Gelenkpunktion. Wie bei allen Punktionen von Gelenken kann es zu einer Gelenkinfektion kommen. Um diese zu beherrschen, kann eine Operation erforderlich sein. Diese Komplikation ist allerdings sehr selten, da die applizierte radioaktive Substanz auf Sterilität geprüft wird und Radioaktivität außerdem geeignet ist, um Keime abzutöten.

Wann tritt die Wirkung ein? Wie wird der Erfolg kontrolliert?

Der Rückgang der Gelenkschwellung und der Schmerzen setzt erst allmählich im Laufe der nächsten Wochen ein. Die volle Wirkung wird häufig erst nach 3 bis 4 Monaten erreicht. Daher wird etwa zu diesem Zeitpunkt eine erneute Kontrolle (möglichst mit Skelettszintigraphie) durchgeführt. Jetzt kann festgestellt werden, wie wirksam die Therapie war und entschieden werden, ob eine Wiederholung der Therapie zur Sicherung eines längerfristigen Erfolges empfehlenswert ist. Die Wirkdauer ist abhängig vom Ausmaß der Erkrankung. Ist der Knochen bereits stark geschädigt, kann die Radiosynoviorthese oft nur noch lindernd wirken. Daher gilt: Je früher die fortschreitende Gelenkentzündung gestoppt wird, desto besser ist das Ergebnis.